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Gesundheitsbildung (GB)

Der Begriff Gesundheitsbildung (GB) beschreibt Lernprozesse, mit denen Menschen befähigt werden, gezielt Einfluss auf die Faktoren zu nehmen, die ihre Gesundheit bestimmen. Durch organisierte Bildungsprozesse werden Wissen und Fertigkeiten vermittelt, soziale Faktoren beleuchtet und Umweltbezüge hergestellt. Vermittelt werden gesundheitsbezogene Kompetenzen, die es ermöglichen, selbst zu entscheiden, ob, wann und wie das Alltagshandeln am Erhalt der Gesundheit ausgerichtet werden soll bzw. kann (Kracke & Sommer, 2022).

In Abgrenzung zur Gesundheitserziehung betont der Begriff der Gesundheitsbildung die Selbstbestimmung von informiert entscheidenden und handelnden Subjekten, die unter spezifischen Bedingungen leben und diese mitgestalten. Gesundheitsbildung ist auf Handeln als soziales Handeln gerichtet, nicht nur auf die Veränderung von Verhalten. Gesundheitsbildung impliziert einen Prozess der Befähigung und der zunehmenden Entscheidungs- und Handlungsmacht, beschreibt aber anders als der Begriff Empowerment/Befähigung weniger informelle, sondern eher formelle Lernprozesse (ebd.).

Gesundheitsergebnis

Ein Gesundheitsergebnis meint eine „Veränderung des Gesundheitszustandes eines Individuums, einer Gruppe oder einer Bevölkerung, die auf eine geplante Intervention oder Serie von Interventionen zurückzuführen ist, unabhängig davon, ob mit einer derartigen Intervention die Veränderung des Gesundheitszustandes beabsichtigt war.“ Mit dieser Definition wird das Ergebnis von geplanten Interventionen betont „sowie die Tatsache, dass Ergebnisse sich auf Individuen, Gruppen oder ganze Bevölkerungen beziehen können. Interventionen können staatliche Politiken und daraus resultierende Programme, Gesetze und Regulationen, oder Gesundheitsdienstleistungen und -programme einschließlich Gesundheitsförderungsprogramme umfassen. Sie können zudem beabsichtigte oder unbeabsichtigte Gesundheitsergebnisse staatlicher Politiken in anderen Sektoren als dem Gesundheitssektor umfassen. Gesundheitsergebnisse werden üblicherweise unter Anwendung von Gesundheitsindikatoren bewertet“ (WHO, 1998a, S. 11).

Gesundheitserziehung (GE)

Analog zur Differenzierung von *Erziehung und *Bildung wird in Deutschland zwischen Gesundheitserziehung/*Gesundheitsbildung (international ‚health education‘) unterschieden. So ist für Gesundheitserziehung ebenfalls das Moment der bewussten Einwirkung auf Menschen zur zielgerichteten Beeinflussung ihres Verhaltens durch professionelle Fachkräfte wesentlich. Als zentrale Zielsetzungen können allgemein genannt werden:

  • Die Schließung gesundheitsrelevanter Wissenslücken zur Ermöglichung angestrebter Verhaltensmodifikationen und effektiver Inanspruchnahmen von Unterstützungssystemen,
  • die themenspezifische Anhebung von Wissen und Fähigkeiten zur Auflösung gesundheitsschädlicher Verhaltensweisen (Fehlernährung, Haltungsfehler, Alkoholmissbrauch etc.),
  • die verhältnisbezogene Anhebung von Wissen und Fähigkeiten zur Ermöglichung der aktiven Einflussnahme auf gesundheitsschädigende Rahmenbedingungen,
  • die Anhebung von Verantwortungsbewusstsein für die eigene und die ökologische Gesundheit sowie von Vertrauen in das eigene Vermögen, hier wirksam Einfluss nehmen zu können, als Grundlage für Gesundheitsverbesserungen.

GE kann entsprechend umfassen [vgl. Groene, 2006; WHO, 1998]: die Information über soziale, ökonomische, ökologische Gesundheitsdeterminanten sowie über allgemeine und individuelle Risikofaktoren/-verhaltensweisen und Möglichkeiten der Nutzung des Gesundheitssystems; die Information über politische und organisatorische Möglichkeiten zur Beeinflussung von sozialen, ökologischen und ökonomischen Gesundheitsdeterminanten sowie die Entwicklung entsprechender Kompetenzen; die Entwicklung von Änderungsmotivation, Kompetenzen (*Lebenskompetenzen / life skills) und Vertrauen in die individuelle Selbstwirksamkeit.

Gesundheitsförderung (GF)

Gesundheitsförderung (GF) zielt darauf ab, personale, soziale und materielle Ressourcen für die Gesundheitserhaltung zu stärken (salutogenetische Perspektive) (RKI, 2015, S. 241). Das Konzept der GF taucht häufig im Zusammenhang mit (Krankheits-)Prävention auf. Beide Konzepte sind voneinander abgrenzbar, ergänzen sich jedoch. GF orientiert sich an der Erhaltung bzw. Stärkung von Gesundheit durch Verbesserung von Voraussetzungen für Gesundheit nicht nur im persönlichen Bereich, sondern auch im sozialen Umfeld und in Lebenswelten.

Gesundheitsförderung ist (in der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung, 1986) definiert als Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie dadurch zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Diese Definition ist in der Jakarta-Erklärung zur Gesundheitsförderung für das 21. Jahrhundert (1997) weiterentwickelt worden: Gesundheitsförderung ist ein Prozess, der Menschen befähigen soll, mehr Kontrolle über ihre Gesundheit zu erlangen und sie zu verbessern durch Beeinflussung von Gesundheitsdeterminanten (vgl. Kaba-Schönstein, 2018).

Als Handlungsstrategien der GF gelten:

  1. Anwaltschaft für Gesundheit/ Advocacy: meint das aktive Eintreten für Gesundheit im Sinne der Beeinflussung politischer, ökonomischer, sozialer, kultureller und biologischer Faktoren sowie von Umwelt- und Verhaltensfaktoren.
  2. Befähigen und ermöglichen/ Enable: spricht v.a. Konzepte wie Kompetenzförderung und Empowerment an mit dem Ziel, bestehende Unterschiede des Gesundheitszustands zu verringern und selbstständig das größtmögliche Gesundheitspotenzial zu verwirklichen.
  3. Vermitteln und Vernetzen/ Mediate: meint die aktive und dauerhafte Kooperation mit allen Akteur*innen innerhalb und außerhalb des Gesundheitssektors (WHO, 1986).

Zudem werden 5 Handlungsebenen/-bereiche definiert:

  1. Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik,
  2. Schaffung gesundheitsfördernder Lebenswelten,
  3. Unterstützung gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktionen,
  4. Entwicklung persönlicher Kompetenzen und Fähigkeiten,
  5. Neuorientierung von Gesundheitsdiensten (WHO, 1986).

GF ist in der Ottawa-Charta eng mit dem Gedanken von Empowerment, Autonomie und gemeinschaftlichem Handeln verbunden mit dem Ziel, die Voraussetzungen und Bedingungen für Gesundheit zu verbessern. Medizinisches Denken und Individualprävention durch Gesundheitserziehung sind von diesem Verständnis weit entfernt.

Gesundheitsförderungsergebnisse

Unter Gesundheitsförderungsergebnissen werden „Veränderungen persönlicher Charakteristika und Kompetenzen, und/oder sozialer Normen und Handlungen, und/oder von Praktiken und Politiken von Organisationen“ auf Grund von Gesundheitsförderungsaktivitäten verstanden. Sie stellen „die am schnellsten eintretenden Ergebnisse gesundheitsfördernder Aktivitäten“ dar und sind in der Regel auf Veränderungen von „modifizierbaren Determinanten von Gesundheit ausgerichtet“ (WHO, 1998a, S. 14).

Gesundheitsindikatoren

„Mithilfe von Gesundheitsindikatoren lassen sich Erkenntnisse über und für die Gesundheit der Gesamtbevölkerung und bestimmter Teilgruppen gewinnen. Als wesentliche Anhaltspunkte werden demographische Entwicklungen, Gesundheitsstatus, Verhalten, Umfeld, Versorgung und verfügbare Ressourcen herangezogen. Ein geeigneter Indikator muss sowohl wissenschaftlichen Kriterien wie Validität, Reliabilität, Sensitivität und Spezifität als auch ethischen Kriterien genügen. Einheitliche Indikatoren, z. B. für unterschiedliche Regionen oder Zeiträume, erlauben eine vergleichende und sich entwickelnde Analyse. Damit bilden Gesundheitsindikatoren die Basis der  Gesundheitsberichterstattung“ (Walter et al., 2020).

Gesundheitsinterventionen (GI)

Gesundheitsinterventionen (GI) lassen sich allgemein bestimmen als gezielte, gesundheitswissenschaftlich begründete Maßnahmen mit Bezug auf:

  • Lebensweisen/Kompetenzausstattung/Arbeitsweisen von Personen/Gruppen,
  • Arbeitsabläufe/Strukturen in Organisationen/Einrichtungen,
  • Lebensbedingungen/Gesundheitsversorgung von Menschen.

Prinzipiell können zwei zentrale „Interventionsformen“ nach ihrer „Eingriffslogik“ [Hurrelmann, Klotz, Haisch, 2007, S. 12] unterschieden werden:

  • Entwicklung von Gesundheit/ Wohlbefinden und entsprechend förderlichen Lebensstilen, Gesundheitsressourcen und Lebenswelten auf der Basis eines ganzheitlichen Gesundheitsverständnisses (Logik der Gesundheitsförderung),
  •  Vermeidung der Entstehung von Erkrankungen, Verschlechterungen bereits bestehender Erkrankungen, Ausbildung von Folgeerkrankungen auf der Basis eines Risikofaktorenansatzes (Logik der Prävention).

Dabei kommen unterschiedlichste Arten und Weisen der Einflussnahme zum Einsatz. Sie reichen von:

  • Einzelmaßnahmen zu Maßnahmenbündeln bis zu komplexen, ganzheitlich vorgehenden Programmen, die von:
  • einzelnen Personen, Gruppen, Einrichtungen, Organisationen, Netzwerken, Initiativen, Allianzen unter Anwendung von Erkenntnissen, Strategien, Methoden etc. z.B. aus der:
  • Sozialmedizin, Epidemiologie, Pädagogik, Psychologie, Soziologie, Sozialen Arbeit, Ökologie, Ökonomie, Prävention und Gesundheitsförderung in:

einmaligen bis sporadischen Aktionen/Kampagnen, temporären Projekten/Modellversuchen oder auch in mittel- bis langfristig angelegten Vorhaben und organisatorischen Strukturen fachgerecht umgesetzt werden (Witteriede, 2010).

Gesundheitsinterventionen und Steigerung von Ergebnisqualität

„Der Gesundheitszustand von Menschen bzw. ihr Empfinden von Wohlsein kann sich positiv auf ihre Leistungsfähigkeit auswirken. Demzufolge können Gesundheitsinterventionen gezielt eingesetzt werden, um die Produktivität und Ergebnisqualität von Arbeitsprozessen zu sichern bzw. zu steigern. Werden sie in diesem Sinn in erster Linie von den spezifischen Interessen einer Organisation/Einrichtung ausgehend gedacht/konzipiert, so wandelt sich ihr Leitziel in das eigentliche Primärziel dieser Einrichtung/Organisation. Die Interventionen dienen in diesem Fall grundlegend den jeweiligen Einrichtungs-/Organisationszielen, aber auch der Realisierung definierter Gesundheitsziele im Umsetzungsverlauf. Auf Schulen bezogen steht in dieser Perspektive eine Beitragsleistung zur Entwicklung von Bildungs-, Erziehungs- und Schulqualität im Vordergrund“ (Witteriede, 2010).

Gesundheitskommunikation

Ziel von Gesundheitskommunikation ist „die Verbesserung des Gesundheitsstatus von Individuen und Bevölkerungen“. Sie „umfasst mehrere Bereiche wie Bildungsunterhaltung oder unterhaltende Bildung, Gesundheitsjournalismus, zwischenmenschliche Kommunikation, Interessenvertretung über Medien, Organisationskommunikation, Risikokommunikation, soziale Kommunikation sowie Sozial-Marketing. Sie kann viele Formen annehmen, von Massen- und Multimedia-Kommunikation bis hin zu traditionellen und kulturspezifischen Kommunikationsformen wie z. B. Geschichten erzählen, Puppentheater und Lieder. Sie kann die Form von speziellen Gesundheitsbotschaften haben oder in existierende Unterhaltungs- oder Kommunikationsmedien wie z. B. Seifenopern integriert sein“ (WHO, 1998a, S. 15).

Indem sie alle verfügbaren Massen- und Multimedien sowie andere technologische Innovationen wie zum Beispiel das Internet zur gezielten Verbreitung gesundheitsbezogener Informationen in der Öffentlichkeit nutzt, wird sie zu einer „Schlüsselstrategie, um die Öffentlichkeit über Gesundheitsfragen zu informieren und wichtige gesundheitsbezogene Themen in der öffentlichen Diskussion zu halten“ (WHO, 1998a, S. 15).