Archiv der Kategorie: Glossar

Stressbewältigung

„Unter Stressbewältigung (Coping) wird von Lazarus und Folkman (1984) ein regulativer Prozess verstanden, der angesichts einer durch die Person als stressrelevant eingeschätzten Situation auslöst. Die dadurch mobilisierte Bewältigungsbemühungen sind Teil einer Bewertungs-Handlungs-Kette, die eingebettet in die Gesamtdynamik des Stressprozesses in der Transaktion zwischen Personenmerkmalen und Umweltgegebenheiten primär adaptive Funktionen erfüllt“ (Milek & Bodemann, 2018).

Siehe auch ‚Coping‘.

Stressoren (Salutogenese)

„Als einer der bedeutsamsten und vielfach belegten Einflussfaktoren auf Gesundheit und Krankheit gilt Stress (Stress und Stressbewältigung). Entsprechend wird im Modell der Salutogenese von Antonovsky ein zentraler Pfad formuliert, der von psychosozialen, physikalischen oder biochemischen Stressoren zum Gesundheitskontinuum führt. Potenzielle Stressoren (wie z. B. belastende Lebensereignisse, Arbeitsbelastungen oder Bakterien und Umweltschadstoffe) wirken auf das Individuum ein, lösen einen körperlichen und psychischen Spannungszustand aus und werden dann versucht zu bewältigen. In Anlehnung an die bekannte Stresstheorie des amerikanischen Psychologen R.S. Lazarus geht auch Antonovsky davon aus, dass erst die subjektive Einschätzung der Stressoren und die Art der Bewältigungsversuche („coping“) darüber entscheiden, welche gesundheitlichen Auswirkungen Stressoren haben. Im Gegensatz zur pathogenen Konzeption können Stressoren in der Salutogenese nicht nur zu Krankheiten führen, sondern auch positive Auswirkungen auf Gesundheit haben. Menschen, die ihre Spannungen erfolgreich bewältigen, werden sich auf dem Kontinuum in die positive Richtung bewegen; Menschen, die Spannungen nicht erfolgreich bewältigen können, werden in einen Stresszustand geraten, der bei einer Verwundbarkeit des Organismus auch zur Entstehung von Krankheiten führen kann. Antonovsky geht davon aus, dass Stressoren im Leben allgegenwärtig sind und daher nicht völlig zu verhindern; es kommt daher entscheidend darauf an, wie Stressoren bewältigt werden und welche Bewältigungspotenziale Menschen haben“ (Faltermeier, 2020).

Subsidiaritätsprinzip

„Das Subsidiaritätsprinzip fand über die katholische Soziallehre Eingang in die Staatstheorie und grenzt die Aufgaben und Pflichten des Staates ab: Der Staat soll dann unterstützen, wenn das Individuum, die kleinste Gruppe oder die kleinste Organisationsebene keine Möglichkeit hat, die Aufgabe selbst zu erledigen. In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist das Subsidiaritätsprinzip in § 2 des SGB V festgeschrieben. Danach stellt die GKV ihren Versicherten Leistungen zur Verfügung, „soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden“. Ein weiterer Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips ist die Selbstverwaltung in der GKV“ (vdek, 2022).

Supervision/ Coaching

Die Begriffe Supervision und Coaching werden von der Deutschen Gesellschaft für Supervision und Coaching synonym verwendet und beschreiben wissenschaftlich fundierte, praxisorientierte und ethisch gebundene Konzepte für personen- und organisationsbezogene Beratung in der Arbeitswelt.

Im Beratungsprozess geht es u.a. um die Reflexion und das Verstehen von Erfahrungen, Strukturen sowie Prozessen. Auch Konfliktanalysen und –lösungsansätze sind Bestandteil von Beratungsprozessen. Zu den Zielen von Supervision und Coaching gehören u.a. die Erweiterung der Wahrnehmungs- und Deutungsmöglichkeiten, ein vertieftes Verstehen von Erfahrungen, Ereignissen und Handlungen sowie die Erhöhung der persönlichen, sozialen und professionellen Kompetenz durch bspw. selbstbewusstes und kompetentes Handeln.

Supervision und Coaching sind durch verschiedene Prinzipien gekennzeichnet. Dazu gehören u.a. die Subjekt- & Prozessorientierung, der Kontext- und Organisationsbezug und die Mehrperspektivität.

Supervisor*innen und Coaches qualifizieren sich durch eine qualifizierte, längerfristige Weiterbildung,
kontinuierliche Fortbildung, Kontrollsupervision und durch Erfahrung (DGSv, 2023).

SWOT-Analyse

Die sog. SWOT-Analyse (Strengths – Stärken, Weaknesses – Schwächen, Opportunities – Chancen, Threats – Risiken) kommt ursprünglich aus dem Bereich des strategischen Managements und bietet ein einfaches Instrument zur Bestimmung der Ist-Situation von Organisationen, Projekten, Prozessen, Produkten, Teams etc. in Bezug auf deren Stärken und Schwächen (interne Perspektive) und den im jeweiligen Umfeld liegenden Chancen und Risiken (externe Perspektive) – sowie zur Ableitung von Strategien für die Realisierung organisationsbezogener Ziele bzw. von problembezogenen Lösungsalternativen. Sie kommt insbesondere während der Analysephase und der Konzeptionsphase zum Einsatz, ist aber auch für die Evaluierung eines Organisationsprojektes geeignet (vgl. BMI, 2023).

Top-down-Ansatz

In der Qualitätsentwicklung meint der Top-down-Ansatz die „Einführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen […] durch einen Prozess von oben (Management) nach unten (Mitarbeiter) […]. Philosophie: Ohne Unterstützung und Bereitschaft des Managements, Qualitätssicherung zu praktizieren, werden die Aktivitäten von Mitarbeitern nicht ausreichend unterstützt“ (BZgA, 2001, S. 343) – siehe auch ‚Bottom-up-Ansatz‘ und ‚Sandwich-Modell‘.

Transformation

„Unter einer Transformation wird ein grundlegender Wandel verstanden. In gesellschaftlicher Perspektive werden mit dem Begriff sprunghafte Veränderungen in der politischen, wirtschaftlichen oder technologischen Entwicklung beschrieben. Auslöser einer Transformation können neue technisch-wirtschaftliche Möglichkeiten als auch deutlich veränderte gesellschaftliche Bedürfnisse sein. Jede Transformation ist ein längerfristiger, mehrere Jahrzehnte andauernder Lern- und Suchprozess, der mit vielen Unsicherheiten verbunden ist. Er kommt erst dann zum Abschluss, wenn sich neue Systemstrukturen dauerhaft etabliert und stabilisiert haben“ (Deutsches Institut für Urbanistik, 2017).

Gesellschaftliche Transformationsprozesse:
„Zahlreiche Akteure im politischen Diskurs in Deutschland heben die Notwendigkeit einer umfassenden Transformation von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hervor, um den Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung gerecht zu werden. […] Unter gesellschaftlicher Transformation wird ein „langfristiger Prozess, der weitreichende Veränderungen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft (Teilsystemen) umfasst – von Produktions- und Konsummustern, über rechtliche Konzepte, Organisationsformen bis hin zu kulturellen Vorstellungen“ verstanden […] Diese Veränderungen in den einzelnen Teilsystemen sind interdependent, d.h. Veränderungen in dem einen System beeinflussen Veränderungen in einem anderen System und werden von diesen beeinflusst. Zu einer Transformation kommt es erst, wenn sich verschiedene Veränderungen in Teilbereiche gegenseitig verstärken und der gesellschaftlichen Entwicklung eine Richtung geben (z. B. Nachhaltigkeit). Während des Transformationsprozesses aber existieren ‚alt‘ und ’neu‘ nebeneinander (z. B. in Form von Technologien, sozialen Normen, wirtschaftlichen und politischen Systemen). Erst im Verlaufe einer Transformation – beim erfolgreichen Verlassen von Pfadabhängigkeiten und Überwinden von Barrieren – stellt sich heraus, welche Richtung die Transformation einer Gesellschaft einschlägt“ (Freie Universität Berlin, 2023).

Verhaltens-/ Verhältnisprävention

In der Prävention unterscheiden sich zwei grundsätzlich Ansätze: Maßnahmen der Verhaltensprävention und Maßnahmen der Verhältnisprävention.

Die Verhaltensprävention bzw. Individualprävention bezieht sich unmittelbar auf den einzelnen Menschen und dessen individuelles Gesundheitsverhalten. Hierunter fallen beispielsweise Maßnahmen, welche die eigene Gesundheitskompetenz stärken. Das Ziel dabei ist gesundheitsbezogene Verhalten zu beeinflussen. Dies geschieht durch Reduktion bzw. Vermeidung von Risikofaktoren (bspw. Fehl- oder Mangelernährung, Bewegungsmangel, Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum), durch Unterstützung eines gesundheitsförderlichen Verhaltens (z. B. gesunde Ernährung, Bewegung) und über Wissen und Einstellungen die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Beispiele sind z. B. Bewegungsangebote oder Aufklärung über Ernährung (vgl. BGM, 2023; GKV-Bündnis für Gesundheit, 2023; Klemperer, 2020).

Die Verhältnisprävention verfolgt das Ziel, über die Gestaltung der sozialen, ökologischen, ökonomischen und kulturellen Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen einen positiven Einfluss auf die Gesundheit zu nehmen. Mit der Verhältnisprävention wird anerkannt, dass die Gesundheit der Menschen und ihr gesundheitsbezogenes Verhalten von Faktoren bestimmt werden, die sie selbst nicht beeinflussen können. Maßnahmen der Verhältnisprävention setzen deshalb an den Rahmenbedingungen an. Beispiele sind gesetzliche Regelungen wie das Rauchverbot oder das Präventionsgesetz, städtebauliche Maßnahmen zur Bewegungsförderung oder auch Maßnahmen der Organisationsentwicklung beispielsweise in Kitas, Schulen oder Betrieben (vgl. GKV-Bündnis für Gesundheit, 2023; Klemperer, 2020).

Vermitteln und Vernetzen

„Vermitteln und vernetzen“ ist eines der drei Handlungsprinzipien der Ottawa-Charta. Es fordert ein Zusammenwirken (Vernetzung) aller einflussnehmenden Bereiche der Gesundheitsförderung – auf horizontaler und vertikaler Ebene. Um Konflikte zwischen den einzelnen Vertretern zu vermeiden, kommen dabei verschiedene Kommunikations- und Dialogverfahren (z. B. Vermitteln/Mediation) zum Einsatz. Intermediäre Instanzen sollen außerdem dafür sorgen, dass Individuen an der Gesundheitsförderung beteiligt werden. Dazu zählen Kooperationsstrukturen (wie Arbeitsgemeinschaften oder Konferenzen) und Infrastruktureinheiten bzw. Brückeneinrichtungen (wie Gesundheitszentren oder Beratungsstellen) (vgl. Trojan & Süß, 2020b).

Kommunikations- und Dialogverfahren dienen der Konfliktklärung, der Mediation und dem Kooperationsmanagement. Anforderungen bzw. Qualitätskriterien dabei sind (ebd.):

  • Gleichberechtigte, offene Kommunikation auf der Basis verabredeter demokratischer Regeln,
  • wechselseitiges, für alle Beteiligten befriedigendes Geben und Nehmen,
  • kein Verlust eigenen Profils der Beteiligten,
  • kollektive Entscheidungen, die Minderheiten einbeziehen,
  • Zusammenarbeit zwischen Gleichen; keine Macht-Hierarchie,
  • Arbeitsteilung entsprechend spezifischer Kompetenzen für gemeinsame Ziele,
  • „lose Koppelung“ und „schwache Bindungen“, um überhöhte wechselseitige Erwartungen zu vermeiden.

Vermittlung und Vernetzung bedeutet, horizontale und vertikale Kooperationsstrukturen aufzubauen und weiterzuentwickeln (ebd.):

  • Horizontal sind die verschiedenen Lebensbereiche der Menschen und die entsprechenden Politiksektoren miteinander zu verknüpfen und für gesundheitsfördernde Aktivitäten zu gewinnen. Das kann beispielsweise ein „Aktionsbündnis gegen Armut“, eine „Stadtteilkonferenz“, ein „Runder Tisch für Gesundheit“ oder eine Veranstaltung wie „Gesundheitstage“ sein.

Vertikale Kooperation bedeutet, dass die unterschiedlichen politischen Ebenen, von der internationalen bis hinunter zur lokalen und Nachbarschaftsebene und umgekehrt, miteinander verbunden werden müssen. Ziel dabei ist, dass die Interessenvertreter der verschiedenen Ebenen in einen gemeinsamen Arbeitszusammenhang gebracht werden, in dem Konflikte ausgetragen und Konsensprozesse auf den Weg gebracht werden können.

Vision

Eine Vision umfasst Vorstellungen über erwünschte Zustände und beschreibt den idealen Sollzustand in einer längerfristigen Perspektive, also über die Dauer eines Projekts oder Programms hinaus. Eine gute Vision ist einfach und klar, sie motiviert die Beteiligten, trotz potenziell unterschiedlicher Interessen gemeinsam auf dasselbe Fernziel hin zu arbeiten und einen Beitrag dazu zu leisten (vgl. quint-essenz, 2022).