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Setting/ Lebenswelt

Ein Setting – im deutschen Sprachraum auch als Lebenswelt bezeichnet – wird im Präventionsgesetz (§ 20a SGB V) definiert als „für die Gesundheit bedeutsame, abgrenzbare soziale Systeme insbesondere des Wohnens, des Lernens, des Studierens, der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie der Freizeitgestaltung einschließlich des Sports“.

Beispiele für Settings/Lebenswelten sind Kindertagesstätten, Schulen, Arbeitsplätze, medizinische Einrichtungen, aber auch Gemeinden.

Settingansatz/ Lebensweltansatz

Der von der Ottawa-Charta beschriebene Settingansatz (auch: Lebensweltansatz) gilt als wichtigstes Element zur Umsetzung verhältnisgestützter Verhaltensprävention sowie der Gesundheitsförderung (Minderung gesundheitlicher Belastungen und Förderung von Ressourcen und Widerstandsfaktoren). Die jeweilige Lebenswelt erleichtert den Zugang zur Zielgruppe und kann Partizipation fördern (vgl. Klemperer, 2020). Zudem biete der Settingansatz die Möglichkeit, soziale Benachteiligungen auszugleichen, ohne benachteiligte Personen als solche zu stigmatisieren.

Das Gelingen des Settingansatzes hängt von der Integration folgender Elemente ab (Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit, 2021):

  • Hohes Maß an Beteiligung der Menschen im Setting (Partizipation: Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger)
  • Kontinuierliche und professionelle Koordinierung
  • Entwicklung gesundheitsförderlicher Kontextbedingungen
  • Stärkung von Kompetenzen, Ressourcen, Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten (Empowerment/Befähigung).

Shanghai-Erklärung

Die Shanghai-Erklärung das Ergebnis der 9. Globalen Konferenz zur Gesundheitsförderung. Sie trug den Titel „Health Promotion in the Sustainable Development Goals (SDG)“ und besaß den zusätzlichen Slogan „Health for All and All for Health“. Die Konferenz wurde von der WHO gemeinsam mit der staatlichen Kommission für Gesundheit und Familienplanung der Volksrepublik China organisiert, 30 Jahre nach der Verabschiedung der Ottawa-Charta, die weiterhin als Erbe und Orientierung für die Zukunft der Gesundheitsförderung eingeschätzt wurde. Die Konferenz sollte der Frage nachgehen, wie Gesundheitsförderung in den Zielen zur nachhaltigen Entwicklung verwirklicht werden kann. […]

Die Shanghai-Erklärung über Gesundheitsförderung im Rahmen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung hebt hervor, dass Gesundheit und Wohlbefinden entscheidende Voraussetzungen für nachhaltige Entwicklung und die Verwirklichung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und der darin enthaltenen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) sind. Diese Ziele begründen die Verpflichtung, in Gesundheit zu investieren, eine allgemeine Gesundheitsversorgung zu verwirklichen und gesundheitliche Benachteiligung für Menschen jeden Alters abzubauen. […] Die Förderung der Gesundheit erfordert Maßnahmen zu allen Zielen der nachhaltigen Entwicklung und kann nur durch den Einsatz der gesamten Gesellschaft erreicht werden. […] Gesundheitsförderung hat es mit einem neuen globalen Kontext zu tun. Die Gesundheit der Menschen kann nicht länger getrennt von der Gesundheit unseres Planeten gesehen werden, Neue Bedrohungen der Gesundheit nehmen zu, auch mächtige kommerzielle Interessen. Die Ungleichheiten machen politisches Handeln in vielen verschiedenen Politikbereichen und gemeinsames Handeln auf globaler Ebene notwendig. Dabei sind die Rechte von Frauen, von in Migration befindlichen Menschen und die zunehmende Anzahl von Personen, die von humanitären und ökologischen Krisen betroffen sind, besonders zu berücksichtigen.

Die Shanghai-Erklärung nennt als Prioritäten die drei Säulen der Gesundheitsförderung:

  • Verantwortungsbewusste Regierungsführung trägt wesentlich zur Gesundheitsförderung bei (good governance). Die Interdependenzen und Universalität der Ziele für nachhaltige Entwicklung versprechen Vorteile von Investitionen in allen Bereichen. Gesundheit ist grundlegende Verantwortung und Verpflichtung von Regierungen.
  • Städte und Gemeinden sind wesentliche Umgebungen für die Förderung der Gesundheit. Gesundheit ist Indikator für Erfolge in anderen Bereichen, Gesundheitsförderung trägt dazu bei, Städte für die gesamte Bevölkerung inklusiv, sicher und widerstandsfähig zu machen.
  • Befähigung der Menschen zur Förderung ihrer Gesundheitskompetenz (Health Literacy) ermöglicht und stärkt die gesundheitliche Chancengleichheit.

Die Shanghai-Erklärung schließt mit einem Handlungsappell: Gesundheit ist eine politische Entscheidung. Die Konferenzteilnehmenden stellen sich gegen Interessen, die sich schädlich auf die Gesundheit auswirken und werden Barrieren beseitigen, die der Befähigung der Menschen (insbesondere Mädchen und Frauen) zur Selbstbestimmung über ihre Gesundheit entgegenstehen. Der offizielle Bericht zur Shanghaikonferenz 2016 kommt zu der Einschätzung, dass Gesundheitsförderung niemals zuvor so deutlich im Zentrum der globalen politischen Agenda gestanden hat, die die Welt transformieren wird (Kaba-Schönstein, 2018).

SMART-Ziele

SMART ist die Abkürzung für ein Kriterienraster, das an definierte Ziele (z. B. bei der politischen Planung, bei Zielvereinbarungen, etc.) angelegt wird: Ziele sollten folgende Eigenschaften/Merkmale aufweisen, um erreichbar und überprüfbar zu sein:

  • Spezifisch: Der gewünschte, in der Zieldefinition angestrebte Zustand soll genau beschrieben, die entsprechende Formulierung leicht verständlich sein,
  • Messbar: Die Kriterien, anhand derer die Zielerreichung festgestellt werden kann, müssen benannt sein. Dabei kann es sich um quantitative Kriterien (z. B. Stückzahl, Euro, Zeiteinheiten – sog. „harte Indikatoren“) handeln oder auch um qualitative (z. B. erfolgreicher Projektabschluss – sog. „weiche Indikatoren“).
  • Attraktiv: Warum genau ist es für die Person zugeschnitten? Was ist die Motivation?
  • Realistisch: Die Ziele sollten ambitioniert, jedoch unter den gegebenen Umständen erreichbar sein.
  • Terminiert: Ein Termin muss festgesetzt sein, zu dem das Ziel erreicht wird.

Die Anwendung der SMART-Kriterien soll wegführen von Zieldefinitionen, die als reine „Prosa“ formuliert werden. SMART-Ziele sollen zum gegebenen Termin mit der erreichten Wirklichkeit verglichen werden können, sodass klar wird, ob und in welchem Maß das Ziel erreicht wurde, und daraus der nächste Handlungsschritt entwickelt werden kann (vgl. HBS, 2022).

Sozial-emotionale Kompetenz

Der zusammengefasste Begriff weist auf die enge Beziehung von emotionaler und sozialer Kompetenzen hin. Als emotionale Kompetenz wird die Fähigkeit verstanden, eigene Gefühle wahrzunehmen, zu verstehen und auf verschiedene Weise auszudrücken, sie zu regulieren und mit ihnen umgehen zu können. Gleichzeitig bedeutet es, mitfühlen zu können, also Verständnis für die Gefühle anderer zu haben und angemessen darauf zu reagieren. Als soziale Kompetenz bezeichnet man die Fähigkeit, in der Interaktion mit anderen die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen, sich in die Rolle anderer hineinzuversetzen und ihre Bedürfnisse und Wünsche im eigenen Handeln zu berücksichtigen.

Die sozial-emotionalen Kompetenzen umfassen folgende Fähigkeiten:

  • den Umgang mit Emotionen,
  • die Empathie,
  • die Kontakt- und Beziehungsfähigkeit,
  • die Kooperationsfähigkeit,
  • die Konfliktfähigkeit,
  • sowie Toleranz und Rücksichtnahme. (kindergarten heute, o.J.).

Soziale Arbeit, gesundheitsbezogen

„Gesundheitsbezogene Soziale Arbeit versteht sich in allen Handlungsfeldern als eine gleichberechtigte und mitbestimmende Profession mit Übernahme fallbezogener und sozialräumlicher Verantwortung neben den anderen Professionen, die im Gesundheitssystem tätig sind“ (DVSG, 2015, S. 9).

Die gesundheitsbezogene Sozialarbeit wird untergliedert in:

  1. Gesundheitsarbeit im Sozialwesen,
  2. Sozialarbeit im Gesundheitswesen und
  3. Sozialpädagogische Gesundheitsförderung’ (vgl. Homfeldt & Sting, 2006).

„Das Handlungsfeld der Gesundheitsarbeit im Sozialwesen beschäftigt sich mit der Verhinderung bzw. Verminderung sozial bedingter, gesundheitlicher Ungleichheit und den daraus resultierenden Problemen in der Gesamtbevölkerung“ und findet im Rahmen von Familienhilfe, Gemeinwesenarbeit, Jugendarbeit, der psychosozialen Versorgung statt (Homfeldt & Steigleder, 2008, S. 303).

„Die vornehmlich in Einrichtungen des Gesundheitswesens tätige Sozialarbeit im Gesundheitswesen hat es mit erkrankten Menschen und vermehrt auch mit deren Angehörigen zu tun (vgl. v. Kardorff, 1999). Akutkrankenhäuser, Psychiatrien, Hospize und Einrichtungen der Rehabilitation sowie der Suchtkrankenhilfe sind gängige Arbeitsfelder in diesem Kontext“ (Homfeldt & Steigleder, 2008, S. 304).

„Sozialpädagogische Gesundheitsförderung ist am Setting-Ansatz orientiert und richtet sich an die Menschen in ihrer unmittelbaren Lebenswelt. Verankert in den vielfältigsten Einrichtungen des Sozial- und Bildungswesens, dominieren hier die Ansätze der primären und sekundären Prävention“ (Homfeldt & Steigleder, 2008,S. 304).

Soziale Benachteiligung

Der Begriff ‚soziale Benachteiligung‘ beschreibt, dass Personen oder einzelne Gruppen auf Grund niedriger gesellschaftlicher Statuspositionen nur reduziert bis kaum Zugang zu positiv definierten Gütern im Sinne wertvoller Ressourcen haben (vgl. Stimmer, 2000). (Siehe auch ‚soziale und gesundheitliche Ungleichheit‘. Ihre Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe und auf Erreichung bestimmter Ziele sind entsprechend eingeschränkt (vgl. Lehmann et al., 2011) und damit auch auf eine gelingende Lebensbewältigung. Sie haben folglich einen erhöhten Bedarf an gezielten Unterstützungsleistungen (siehe auch ‚Niedrigschwelligkeit‘) (vgl. Witteriede, 2010).

Soziale Dienste

„Soziale Dienste sind Leistungen von Fachkräften der Sozialen Arbeit, die mit dem Ziel erbracht werden, „soziale Probleme von Einzelnen, Gruppen und Gemeinwesen zu lösen und durch Prävention zu verhindern“ [Weyrich, 2007, S. 846]. Sie werden von öffentlichen und freien Trägern in verschiedenen Organisationsstrukturen/-formen zur Erfüllung von Aufgaben der Sozial-, Jugend- und Gesundheitshilfe eingesetzt (Sozialstationen, Familienhilfen, ambulante Pflegeeinrichtungen etc.); in Teilbereichen treten zunehmend auch profitorientierte Anbieter mit entsprechenden Angeboten (z.B. private Pflegedienste) neben diese klassischen Träger sozialer Dienste“ (Witteriede, 2010).

Soziale Netzwerke

Soziale Netzwerke sind relativ dauerhafte, meist informelle Beziehungsstrukturen zwischen Individuen und Gruppen. Dazu zählen primäre (Familie, Freunde), sekundäre (Selbsthilfe, Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeförderung, Verbände) und tertiäre Netzwerke (professionelle Hilfssysteme). Sie alle helfen bei der Bewältigung von Krankheiten und fördern die Gesundheit auf individueller wie lokaler Ebene. So haben epidemiologische Untersuchungen gezeigt, dass eine Einbindung in soziale Netzwerke (Soziale Unterstützung) mit einer geringeren Krankheitshäufigkeit und höheren Lebenserwartung einhergeht (Trojan, 2020).

Soziale und gesundheitliche Ungleichheit

„Gesundheitliche Ungleichheit bezeichnet soziale Ungleichheiten bei Ausbruch und Verlauf von Krankheiten und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Sie werden über Indikatoren sozialer Differenzierung abgebildet, üblicherweise über Schulbildung, berufliche Position, Einkommen und Vermögen. Die gesundheitlichen Risiken sind konsistent in den am stärksten benachteiligten Gruppen am höchsten und nehmen mit steigender sozialer Position ab. Sie manifestieren sich am deutlichsten bei Erkrankungen, 1deren Entstehung und Verlauf durch Verhalten und äußere Rahmenbedingungen beeinflusst werden können. Soziale Unterschiede hinsichtlich des Gesundheitszustands einzelner Bevölkerungsgruppen finden sich in allen Ländern, auch in vergleichsweise wohlhabenden Nationen wie Deutschland. Die ungleiche Verteilung von Gesundheitschancen und Krankheitsrisiken ist durch Studien gut belegt (vgl. Siegrist, 2021): Personen mit niedrigen Einkommen, niedriger Bildung und Berufen, die mit wenig Entscheidungsspielräumen und geringer Verantwortung ausgestattet sind, weisen deutlich erhöhte Krankheits- und Sterblichkeitsrisiken auf (Epidemiologie und Sozialepidemiologie). Aus mehreren westeuropäischen Staaten wurde zudem wiederholt berichtet, dass sich gesundheitliche Ungleichheiten in den letzten Jahren vergrößert haben (vgl. Bosworth, 2018)“ (Geyer, 2021).