Prävention, teils auch als Krankheitsprävention bezeichnet, umfasst alle Aktivitäten mit dem Ziel, Erkrankungen zu vermeiden, zu verzögern oder weniger wahrscheinlich zu machen (pathogenetische Perspektive) (RKI, 2015, S. 241). Das Konzept der (Krankheits-)Prävention taucht häufig im Zusammenhang mit Gesundheitsförderung auf. Beide Konzepte sind voneinander abgrenzbar, ergänzen sich jedoch (vgl. Klemperer, 2020).
Maßnahmen der Prävention orientieren sich an den Entstehungsmechanismen von Krankheiten, wie z. B. Impfungen zur Verhinderung von Infektionskrankheiten, Zähneputzen zum Schutz von Karies, medikamentöse Cholesterinsenkung zur Minderung des Risikos eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls (vgl. Klemperer, 2020).
Prävention kann in drei Kategorien unterteilt werden:
- Primärprävention: Richtet sich an gesunde Menschen; Krankheit soll verhindert werden; z. B. Verhinderung von Krankheiten durch Impfungen.
- Sekundärprävention: Auch Krankheitsfrüherkennung, richtet sich an bereits erkrankte Menschen, die jedoch symptomfrei sind, frühzeitige Behandlung kann im Besten Fall zur Heilung führen; z. B. Gesundheitschecks oder Screenings
- Tertiärprävention: Richtet sich an erkrankte Menschen mit Symptomen/Krankheitslast; zielt auf Minderung der biologischen, psychischen und sozialen Krankheitsfolgen ab; notwendige Heil- und Folgebehandlungen werden so früh wie möglich eingeleitet; teilweise Überschneidung mit Rehabilitation (vgl. BMG, 2019a, Franzkowiak, 2022; Klemperer, 2020).
Das Präventionsgesetz (PrävG) wurde 2015 verabschiedet und verfolgt das Ziel, Gesundheitsförderung und Prävention zu stärken. Hauptadressat dieser Reform sind die Krankenkassen. Das Präventionsgesetz umfasst eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen. Im Mittelpunkt stehen zwei Aspekte: Erstens schafft es neue Institutionen und Strukturen (Bundes- und Landesrahmenvereinbarungen, Nationale Präventionskonferenz, Nationales Präventionsforum), welche die Kooperation zwischen Sozialversicherungsträgern und anderen Akteurinnen und Akteuren in der Gesundheitsförderungs- und Präventionspolitik verbessern sollen. Zweitens sieht es einen deutlichen Anstieg der von den Krankenkassen für dieses Handlungsfeld aufzuwendenden Mittel vor (vgl. Gerlinger, 2021). So soll Prävention und Gesundheitsförderung dort greifen, wo Menschen leben, lernen und arbeiten – zum Beispiel in der Kita, der Schule, am Arbeitsplatz und im Pflegeheim. Mit dem Gesetz wurden außerdem die Früherkennungsuntersuchungen in allen Altersstufen weiterentwickelt und wichtige Maßnahmen zum Impfschutz geregelt (vgl. BMG, 2019b).
„Als Präventionsketten werden integrierte Gesamtstrategien bezeichnet, die auf kommunaler Ebene den Rahmen schaffen, um das vielfältige Unterstützungsangebot öffentlicher und privater Träger und Akteure besser zu verbinden. Sie tragen dazu bei, dass dieses Angebot über Altersgruppen und Lebensphasen hinweg aufeinander abgestimmt ist und ineinandergreift. Präventionsketten dienen dazu, allen Bevölkerungsgruppen – und besonders Menschen mit schwierigen oder benachteiligenden Lebensbedingungen – öffentliche Ressourcen zugänglich zu machen, um so unterschiedlichen Bedarfen gerecht zu werden, individuelle, familiäre und soziale Eigenressourcen zu stärken sowie Chancengleichheit zu fördern.
Grundintention von Präventionsketten ist es, die vorhandenen Strukturen zu einer integrierten kommunalen Infrastruktur weiterzuentwickeln, in der alle vor Ort engagierten Akteure zusammenarbeiten, sich ressort- und handlungsfeldübergreifend vernetzen und durch gemeinsames Planen und arbeitsteiliges Handeln präventive Angebote und Hilfen für die Bürger und Bürgerinnen schaffen. Präventionsketten sind als Strukturansatz zu verstehen, der darauf ausgerichtet ist, ein langfristiges, umfassendes und tragfähiges Netz von Unterstützung, Beratung und Begleitung unter Beteiligung derjenigen zu entwickeln, die unmittelbar betroffen sind. Die Arbeit in und Gestaltung von Netzwerken ist elementar. In einem fortwährenden Prozess werden bestehende und neue Strukturelemente und Akteure so zusammengeführt, dass ein abgestimmtes Handeln im Rahmen einer integrierten kommunalen Gesamtstrategie möglich wird. So können gemeinsam mit den beteiligten Akteuren die zur Verfügung stehenden Finanzmittel, Personalressourcen sowie das bürgerschaftliche Engagement gezielter – das heißt an Bedürfnissen und Bedarf von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen im Erwerbsleben und im Rentenalter ausgerichtet – geplant und umgesetzt werden“ (Richter-Kornweitz et al. 2017).
„Die primäre Gesundheitsversorgung eines Landes ist die erste, niedrigschwellige Ansprechebene für Patientinnen und Patienten bei Erkrankungen, die a) häufig vorkommen, b) weite Teile der Bevölkerung betreffen und c) entweder vorübergehend oder chronisch ausgeprägt sind. Die Versorgungsstruktur erbringt ambulante medizinische und psychosoziale Leistungen. Je nach Gesundheitssystem findet Primärversorgung in hausärztlichen Praxen, in Community Health Centers oder Clinics, in Polikliniken oder in den Ambulanzen der Krankenhäuser statt. […] ‚Primary Health Care‘ wird [in der Alma-Ata Deklaration (WHO, 1978)] […] als ein Konzept einer Gesundheitsversorgung begriffen, „die auf praktischen, wissenschaftlich fundierten und sozial akzeptierten Methoden basiert und für den Einzelnen wie die Familien im Sinne von Eigenständigkeit und Selbstbestimmung zu erschwinglichen Kosten für Gemeinschaft und Land erreichbar ist. Primäre Gesundheitsversorgung ist integraler Bestandteil des nationalen Gesundheitssystems des Landes und der gesamten sozialen und ökonomischen Entwicklung der Gemeinschaft. Sie bildet die erste Kontaktebene des Einzelnen, der Familie und der Gemeinde mit dem nationalen Gesundheitssystem, das die Versorgung so nah wie möglich an die Lebenswelten der Menschen ansiedelt. Primäre Gesundheitsversorgung wird damit zum ersten Element eines kontinuierlichen Prozesses gesundheitlicher Versorgung“ (WHO, 1978). Die Übersetzung des Begriffes ‚Primary Health Care‘ in die deutsche Sprache ist nicht einfach. Klar ist, dass mit ‚Primary Health Care‘ mehr gemeint ist als die ärztliche Versorgung. Das obige Zitat macht deutlich, dass es sich um einen überindividuellen, populationsbezogenen Ansatz handelt, der ein Zusammenwirken vieler Aktivitäten in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen voraussetzt. Unter dem Begriff ‚Primary Health Care‘ versteht die WHO eine Basisversorgung, die in allen Ländern gegeben sein sollte. Für die industrialisierten Länder erscheint der Begriff „medizinische Grundversorgung“ am sinnvollsten, weil damit der niedrigschwellige, weil wohnortnahe Zugang betont wird“ (Zimmermann, 2021).
Ein Programm stellt ein aus einer übergeordneten Strategie abgeleitetes, zielgerichtetes, längerfristiges Vorhaben dar, das in der Regel aus mehreren untereinander koordinierten Projekten und zusätzlichen projektübergeordneten Maßnahmen (z. B. Kommunikation, Vernetzung, Wissensmanagement, Programmevaluation) besteht (vgl. Kolip et al.,2019; quint-essenz, 2022).
Ein Projekt stellt ein zeitlich befristetes strukturiertes Vorhaben dar, um mit klar definierten Ressourcen (Personal, Finanzen, Infrastruktur) und geeigneten Maßnahmen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt festgelegte Ziele zu erreichen (vgl. quint-essenz, 2022).
„Projektmanagement (PM) wird als Managementaufgabe gegliedert in Projektdefinition, Projektdurchführung und Projektabschluss. Ziel ist, dass Projekte richtig geplant und gesteuert werden, dass die Risiken begrenzt, Chancen genutzt und Projektziele qualitativ, termingerecht und im Kostenrahmen erreicht werden. PM umfasst die Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mittel zur erfolgreichen Abwicklung eines Projekts. Die DIN 69901 definiert Projektmanagement als Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mittel für die Abwicklung eines Projekts. Allgemeiner definiert das Project Management Institute (PMI) im PMBOK PM als Anwendung von Wissen, Fähigkeiten, Methoden und Techniken auf die Vorgänge innerhalb eines Projekts“ (Hobel & Schütte, 2018).
„Psychische Gesundheit [im Englischen ‚Mental Health‘] ist ein Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann“ (WHO, 2019).
„Die psychische Gesundheit sollte als eine wertvolle Quelle von Humankapital oder Wohlbefinden in der Gesellschaft betrachtet werden. Wir alle brauchen gute psychische Gesundheit, um zu gedeihen, um uns selbst zu kümmern und mit anderen zu interagieren, weshalb es wichtig ist, nicht nur die Bedürfnisse von Menschen mit definierten psychischen Störungen zu berücksichtigen, sondern auch die psychische Gesundheit aller Menschen zu schützen und zu fördern und den ihr innewohnenden Wert zu erkennen. Psychische Gesundheit und Wohlbefinden werden nicht nur durch individuelle Merkmale beeinflusst, sondern auch durch die sozialen Umstände, in denen sich Menschen befinden, und die Umgebung, in der sie leben. Diese Determinanten interagieren dynamisch und können den psychischen Zustand einer Person bedrohen oder schützen“ (ebd.).
Im Gegensatz zur Medizin, welche sich insbesondere auf die biologischen bzw. in dem Organismus liegenden Ursachen von Krankheit der Individuen fokussiert, befasst sich Public Health mit den Ursachen der Bevölkerungsgesundheit, die insbesondere durch soziale, ökonomische, ökologische und politische Faktoren determiniert ist.
So untersucht die Public Health-Forschung, eine interdisziplinär gesundheitswissenschaftliche Forschung, die Verteilung von Risikofaktoren innerhalb einer Gesellschaft, die Veränderungen im Zeitverlauf, die zugrundeliegenden Ursachen sowie die daraus abzuleitenden Präventionsstrategien. Auch die Erforschung von sozialen Ursachen von Risikofaktoren und Verhaltensweisen ist für Public Health von Interesse. Dabei werden besonders Unterschiede in verschiedenen Bevölkerungsgruppe betrachtet (vgl. Klemperer, 2020).
Public Health hat den Schutz, die Förderung und die Wiederherstellung der Gesundheit innerhalb einer Gesellschaft zum Ziel (RKI, 2022).
Der Public Health Action Cycle stellt ein zyklisches Vierphasenmodell dar, das als Grundlage für die strategische Planung, Umsetzung und Evaluation gesundheitsbezogener Interventionen dient (vgl. quint-essenz, 2022; Ruckstuhl et al., 2008).
Die vier Phasen sind:
- Erfassung und Analyse gesundheitlicher Problemlagen der Bevölkerung (Assessment)
- Entwicklung von gesundheitspolitischen Interventionsstrategien (Policy Development)
- Umsetzung dieser Strategien im Gesundheitssystem (Assurance)
Prüfen der Akzeptanz und Wirksamkeit (Evaluation) (ebd.).