„Unter Stress wird die starke Beanspruchung eines Organismus durch innere oder äußere Reize verstanden. Die evolutionär betrachtet lebenswichtige Aktivierung des Organismus in Bedrohungssituationen ist heutzutage häufig mit negativen Auswirkungen für Körper und Psyche verbunden. Da Stress durch die Interaktion einer Person mit ihrer Umwelt entsteht, können Präventionsmaßnahmen sowohl auf Individualebene als auch auf struktureller und gesellschaftlicher Ebene ansetzen“ (Ernst et al., 2022). „Stress entsteht, wenn eine Person eine Situation oder ein Ereignis als herausfordernd, bedrohend oder schädigend (primary appraisal) einschätzt und die durch innere oder äußere Bedingungen gestellten Anforderungen als die eigenen Ressourcen beanspruchend oder übersteigend wahrnimmt (secondary appraisal)“ (Lazarus und Folkman, 1984; Übersetzung: Milek & Bodemann, 2018).
„Es können verschiedene Formen von Stress unterschieden werden. Als Kriterien dafür werden z. B. die Qualität (positiver Stress oder Eustress vs. negativer Stress oder Disstress (Selye, 1993)), die Intensität (Makro- vs. Mikrostress), die zeitliche Ausdehnung (akuter Stress vs. chronischer Stress) sowie die Betroffenheit (individuelle vs. kollektive Betroffenheit) herangezogen“ (Milek & Bodemann, 2018). Weitere wichtige Unterscheidungskriterien sind, ob Stresssituationen als bekannt oder neuartig erlebt werden, als vorhersehbar oder unvorhersehbar bzw. kontrollierbar vs. unkontrollierbar (Kaluza & Vögele, 1999). Inhaltlich kann unter anderem zwischen physikalischen Stressoren (z. B. Lärmbelastung, Schadstoffemissionen, schlechte Beleuchtung etc.), sozialen Stressoren (z. B. Konflikte mit Nachbarn, Arbeitskollegen, Sorge um Kinder etc.), ökologischen Stressoren (z. B. enger Wohnraum, Abgeschiedenheit), ökonomischen Stressoren (z. B. finanzielle Sorgen, Schulden, zu geringes Einkommen um Lebenskosten zu decken), beruflichen Stressoren (z. B. zu viele Aufgaben gleichzeitig, Hektik, Über- oder Unterforderung infolge von Arbeitsmenge im Verhältnis zu Zeit und Ressourcen) oder Monotonie (z. B. monotone Arbeit) unterschieden werden“ (Milek & Bodemann, 2018).
„Die meisten Menschen verbinden mit dem Wort Stress negative Einflüsse, wie z. B. zwischenmenschliche Konflikte oder Zeitdruck. Dieser sogenannte Disstress beschreibt einen unangenehmen Zustand, bei dem es der Person nicht vollständig gelingt, die Situation zu bewältigen. Disstress wird als Belastung empfunden und ruft Angst und Hilflosigkeit hervor. Im Gegensatz dazu gibt es auch positiven Stress (Eustress). Er wird als Herausforderung empfunden und motiviert zum aktiven, gestaltenden Handeln.
Die Unterscheidung zwischen Dis- und Eustress macht deutlich, dass Herausforderungen nicht per se negativ sind, sondern durch das Erleben und Bewerten der Person ihre Bedeutung erhalten. Durch ihre individuellen Motive, Einstellungen und Bewertungen, mit denen eine Person an Herausforderungen herangeht, beeinflusst sie, wie stark das Stresserleben und damit die körperliche Stressreaktion ausfällt (vgl. Kaluza, 2018)“ (Ernst et al., 2022).